Handlettering – was ist das?

„Hand, was???“ Diese Frage begegnet mir oft, wenn ich mich als Handletteringkünstlerin vorstelle.

Wie gut, dass sich Handlettering ganz schnell mit „die moderne Kunst der schönen Buchstaben“ beschreiben lässt.
Hat man aber erst einmal Feuer gefangen, dann begegnen einem gleich noch viel mehr Begriffe, die einer Erklärung bedürfen. Brushlettering, Brushpen, Monoline, Bouncing, Strichstärkenkontrast und und und.
Klingt vielleicht anfangs viel und kompliziert, aber keine Sorge, das ist es nicht. Ich gebe dir in diesem Blogartikel einen guten Überblick über die verschiedenen Bereiche des Handletterings.

Handlettering leicht erklärt

Handlettering ist die Kunst der schönen Buchstaben. Ein Hauptpunkt beim Lettern ist, dass die Buchstaben gezeichnet und nicht geschrieben werden.

Was muss ich denn können, um es zu erlernen?

Das Zeichnen der Buchstaben kannst du erlernen, wie jedes andere Hobby auch. Ich kann dich beruhigen, wenn du jetzt denkst „Aber ich hab‘ ja gar keine schöne Handschrift!“ Der Weg ist frei für alle, die es erlernen wollen! Cool oder? Da gibt es keine Ausrede mehr!

Und es wird noch toller! Nicht nur, dass beim Handlettering keine Voraussetzungen zu erfüllen sind, gibt es auch kaum Regeln! Du hast also unglaublich viele Möglichkeiten, deine Schriften zu entfalten, dich auszuprobieren, auszutoben und zu vertiefen.

Es gibt natürlich Tipps und Tricks, die dabei helfen, saubere Schriftbilder zu bekommen, aber grundsätzlich gilt: „Es ist erlaubt, was gefällt!“ Und über Geschmack lässt sich bekanntlich streiten.

Hierbei ist es mir aber immer ganz wichtig, dass du auch stehen lassen kannst, was dem eigenen Geschmack nicht so passt. Nicht alles was zu Papier gebracht wird, wird dir gefallen. Egal, ob es deine Schrift ist oder die von jemand anderem. Deshalb, lass es im wahrsten Sinne des Wortes stehen. Gerne unkommentiert.

Und warum kann ich nicht einfach Kalligraphie zu dem Ganzen sagen?

Sind Handlettering und Kalligraphie nicht das gleiche?

Kurz: Nein.

Zum Einen ist das Schreibwerkzeug bei der Kalligraphie Feder und Tusche und zum Anderen folgt die Kalligraphie weit mehr Regeln, als es beim Handlettering gibt.

Bei der Kalligraphie wird geschrieben und nicht, wie beim Handlettering gezeichnet. Werden beim Lettern die einzelnen Buchstaben konstruiert, so schreibt der Kalligraph flüssig seinen Text.

Kalligraphie ist die hohe Kunst des Schönschreibens. Schriften werden genauso eintrainiert und geübt, im Text aber eher wenig kombiniert.
Selbst, wenn die Regel, dass Abstriche dick, sprich mit mehr Druck geschrieben werden, als die Aufstriche, gleich ist, so unterscheiden sich diese beiden Kunstarten dennoch in allen anderen Punkten.

Handlettering als persönliche Auszeit

Ein wesentlicher Punkt, den Kalligraphie und Handlettering wohl auch gemeinsam haben, ist die persönliche Auszeit. Du wirst sehen, dass das Zeichnen von den Buchstaben nicht nur schöne Schriftbilder ergibt, sondern dir auch deine ganz persönliche Auszeit beschert.

Das Lettern fokussiert dich auf das Blatt und somit ist das Ergebnis nicht nur die schöne Schrift (und ich wiederhole mich gerne „schön ist absolut subjektiv!“), sondern auch der Prozess bis dorthin! Mit etwas Übung wird es dir immer leichter gelingen in den Flow zu kommen, abzutauchen und dabei Energie zu tanken!

Blogartikel – Handlettering – doodle| schriftenvielfalt

Wesentlich dabei ist auch, dass die Komposition Zeit braucht. Nicht jeder Spruch landet wie gewollt beim ersten Anlauf auf dem Papier. Dazu bedarf es Entwürfe, Skizzen, möglicherweise auch ein paar Versuche, um bei dem Ergebnis anzukommen, das einem gefällt.

Kann ich damit nur Karten gestalten?

Sind die Grundlagen des Handletterings erst einmal erlernt, wirst du merken, wie vielfältig du deine Schriften einsetzen kannst. Viele Untergründe eigenen sich dafür verschönert zu werden. Mit den passenden Stiften kannst du auch diverse Geschenkartikel, wie Keksdosen, Gießkannen und ähnliches individualisieren, Fensterscheiben gestalten oder deine Fußmatte beschriften.

Dazu wird es aber einen eigenen Blogartikel geben.

Hier soll es ja vorerst einmal um die Begriffe gehen, die beim Handlettering lernen immer wieder einmal so vorkommen.

Schriftstile – so vielfältig ist die Schrift

Viele denken erfahrungsgemäß beim Wort Handlettering an Brushlettering. Jenes Lettern mit dem Pinselstift, dem sogenannten Brushpen. Das Lettern mit dem typischen dick-dünn-Effekt.
Das Brushlettern ist aber nur ein Teil von Handlettering. Es ist zwar die Königsdisziplin und mit Sicherheit auch das, was die meisten erlernen wollen, aber unter dem Begriff „Handlettering“ sind alle Schriften zu verstehen, die möglich sind.

Grob lassen sich die Stilrichtungen in drei Bereiche einteilen – Monoline, Faux Kalligraphie und Brushlettering

Monoline – lettern mit Fineliner

Monoline sind all jene Schriften, bei denen die Schriftstärke gleich dick bleibt. Sprich so, wie du es gewohnt bist von den Stiften, mit denen du üblicherweise schreibst. Kugelschreiber, Bleistift, Fineliner, Füllfeder,…
Für alle Schriftstile gilt, dass du sie sowohl in Druckschrift, als auch in Schreibschrift schreiben kannst. Hier beginnt dann auch schon das Spiel mit dem Schriftbild.

Ein Stift, viele Schriftbilder

Du kannst die Buchstaben breit oder schmal schreiben, niedrig oder hoch, ganz schlicht oder verschnörkelt, elegant oder verspielt und da du all diese Möglichkeiten ja auch wiederum miteinander kombinieren kannst, ergeben sich unzählige Schriften.
Wenn du beim Schreiben einzelne Buchstabenteile unterbrichst, entsteht Platz, um ein kleines Symbol wie einen Kreis oder ein Herz in die Öffnung zu zeichnen. Du kannst einzelne Buchstabenteile aber auch doppelt zeichnen und den daraus entstehenden Balken mit einem Muster füllen oder leer lassen.
Die Buchstabenenden können mit Serifen, den Füßchen auf der Zeile, versehen werden oder etwas verspielter mit Punkten. Probiere es gerne auch einmal aus, dass die Buchstaben gar nicht alle auf der Zeile stehen, sondern am Blatt tanzen!
All diese Schriften sind Schriften die zu den Monolineschriften gehören. Und dann ist da auch noch der tolle Effekt mit der Mittellinie. Verschiebe nur die Mittellinie der Großbuchstaben in die obere Buchstabenhälfte bekommt das Schriftbild eine ganz andere Wirkung, als wenn du sie nach unten verschiebst, aber sieh selbst, was ich meine:

Mit all den Stiften, mit denen du deine Monolineschriften gestalten kannst, kannst du auch die Faux-Kalligraphie zeichnen

Faux Kalligraphie oder Faux Calligraphy – die „wir tun so, als ob“-Schrift

Dieser Schriftstil bedeutet nichts anderes, als dass wir so tun, als hätten wir bereits einen Brushpen, mit dem wir den typischen Strichstärkenkontrast erzeugen.
Bei dieser Schrift geht es also darum, dass du der Regel des Strichstärkenkontrasts folgst. Das bedeutet, dass alle Striche, die nach unten geschrieben werden, dick nachgezogen werden und jene, die nach oben gezeichnet werden, bleiben unberührt. So entsteht der Effekt, den wir auch vom Brushlettern kennen. Abstriche sind dick, Aufstriche sind dünn.

Du zeichnest also zuerst dein Wort und ergänzt dann bei allen senkrechten Buchstabenteilen einen zweiten Strich als Verbreiterung. Den entstandenen Weißraum kannst du anmalen, sodass es aussieht, als hättest du mit einem Brushpen geschrieben.
Wenn es dir nicht zwingend um diesen Effekt geht, dann kannst du natürlich auch den Raum zwischen den Linien weiß lassen und hast somit gleich noch eine weitere Schriftart.

Bouncing

Bouncing ist ein weiterer Stil, den du sowohl mit dem Fineliner, als auch mit dem Brushpen gestaltet kannst. Dabei hüpfen die Buchstaben und sind nicht zwingend auf einer Linie. Vor allem die Verbindungslinien zwischen den einzelnen Buchstaben schwingen in unterschiedlichen Höhen. Die Buchstabengröße kann ebenfalls variieren. Hier kannst du mit etwas Übung ebenfalls viel gestalten.

Flourishing

Zu Deutsch “Schnörkeln” ist die verspielte und dennoch elegante Variante beim Lettern. Aber sieh am besten selbst.

Brushlettering

Handlettering mit Brushpen, die Königsdisziplin

Brushlettering ist in meinen Augen die Königsdisziplin beim Lettern. Warum das? Zum Einen, weil du mit den Brushpen, den Pinselstiften so viele Möglichkeiten hast und zum Anderen, weil dieser Schriftstil tatächlich die meiste Übung braucht!

Der Unterschied zwischen dem dicken Teil der Linien und dem dünnen entsteht lediglich, indem du das Verändern des Drucks und genau dafür brauchst du Zeit und Übung. Druck aufbauen, Druck nachlassen. Dann erschaffst du saubere Übergänge und ein sauberes Schriftbild.

Beachtet man den Tipp, dass man den Buchstaben genügend Raum gibt und sogenannten Weißraum lässt, dann wirkt das Wort luftiger und die Buchstaben kommen gut zur Geltung.

Die Endversion – lettern mit dem Pinsel

Der Name Brushlettering verrät auch, was die Königsdisziplin in der Königsdisziplin ist. Das Lettern mit dem Pinsel. Was mit dem Brushpen möglich ist, ist natürlich auch mit Haarpinseln möglich und mit ausreichend Übung hast du hier dann ebenfalls nochmal viele Möglichkeiten mit Aquarellfarben oder anderen Farben und dem Pinsel zu lettern.

Moderne Schriften

Wie bereits erwähnt, fallen sehr viele Schriften unter den Bereich Handlettering. So kannst du dich auch in verschiedenste Richtungen ausbreiten und austoben. Besonders effektvoll sind dabei auch die Buchstaben mit den 3-D-Effekten oder dem Sprayereffekt.

Highlights

Mit Schatten und Lichteffekte kannst du deinem Lettering noch den ganz besonderen Feinschliff verleihen und schaffst so noch einmal Wow-Momente.

Highlights

Digitales Lettern ist Handlettering am Tablet. Dafür gibt es verschiedene Programme, wie SketchBook (für Android und IOS), Procreate (nur für IOS) und ??? DA Vinci?

Ich selbst verwende SketchBook und bin damit super zufrieden. *unbezahlte Werbung

Das ist gleich beim analogen und digitalen Lettern:

  • verschiedene Stifte
  • Möglichkeit, Hilfslinien zu zeichnen
  • du kannst radieren
  • beides braucht Übung!
  • der Phantasie sind keine Grenzen gesetzt

Das ist anders beim digitalen Lettern:

  • volle Farbpalette und du kannst die Farbe präzise abstimmen
    gute Druckqualität
  • einzelne Wörter lassen sich alleine verschieben und neu platzieren
  • Korrekturen sind kein Problem
    das Programm hilft dir, deine Linien zu glätten
  • das Schriftbild ist sauberer
  • Vervielfältigung ist leicht möglich
  • Umfärben der Textfarbe geht problemlos
  • die Oberfläche beim Tablett ist wesentlich glatter, als das Papier

Ich war anfangs sehr skeptisch, bin ich doch ein großer Fan von Stift und Papier! Innerhalb kurzer Zeit habe ich aber durchaus die Vorzüge erkannt und mich sehr rasch „eingearbeitet“.

Zum Ausprobieren der unterschiedlichsten Stifte habe ich es mir ein ganzes Monat lang zur Aufgabe gemacht täglich ein Wort zu lettern und immer einen anderen Stift zu verwenden. So wurde ich mit der Stifteauswahl vertraut und hatte eine tolle Morgenroutine.

Und auch hier gilt: es gibt kein besser oder weniger gut!

Juckt es dich jetzt auch in den Fingern? Dann schnapp dir doch am besten gleich einen Stift und ein Blatt Papier und versuche zumindest ein Wort. Wenn es deine Zeit erlaubt, dann stell dir den Wecker auf 10, 20 oder 30 Minuten und probiere verschiedene Schriftstile aus.

Wenn du Freude daran hast und es gerne mit meiner Anleitung lernen möchtest, wirf einen Blick auf mein Workshopangebot.

Ich wünsche dir jedenfalls viel Freude mit Stift und Schrift!